Ferdinand ist heute noch vor dem Frühstück zu Bruno und Wilhelm gehoppelt. Zu dritt wollen sie sich überlegen, wie sie die bunte Kuh finden. Fritz, der alte Fuchs, und Biber Otto waren Bruno gestern leider keine Hilfe. Beide hatten noch nie etwas von der Kuh gehört, geschweige denn von dem roten Vögelchen. Auch Mama und Papa Bär sind ratlos.
Ferdinand: „Irgendwer, muss doch wissen, wo diese Kuh steckt!“
„Moment.“ Bruno hat eine Idee. „Unten im Dorf gibt doch einen Bauernhof. Da leben auch Kühe. Vielleicht wissen die etwas.“
Ferdinand: „Genau. Oder die bunte Kuh lebt sogar direkt vor unserer Nase und niemand weiß es.“
Bruno: „Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht. Wir müssen so schnell wie möglich da hin.“
Ferdinand: „Worauf warten wir denn noch. Los!“
Doch Wilhelm macht gar keine Anstalten, sich in Bewegung zu setzen. Er hockt bewegungslos da und schaut zwischen beiden hin und her.
Bruno: „Was ist denn los mit dir? Freust du dich nicht?“
Wilhelm: „Doch schon. Aber das geht plötzlich alles so schnell.“
Bruno: „Möchtest du lieber hierbleiben und Ferdi und ich schauen alleine zum Dorf runter?“
Wilhelm: „Nein, nein. Ich komm schon mit.“
Mühsam stellt sich Wilhelm auf seine Hufe. Ferdinand ist schon zur Weggabelung vorgehoppelt, Bruno dicht dahinter. Der Esel trottet langsam hinterher.
Zu dritt schleichen sie den Hügel hinunter. Zum Glück hat sich die aufgehende Sonne hinter dunklen Wolken versteckt. So verschmelzen die drei mit ihren Schatten. Trotzdem legen sie sich jedes Mal flach auf den Boden, wenn unten im Tal ein Auto auf der Straße vorbei fährt. Schließlich wollen sie kein Risiko eingehen.
Auf der anderen Seite des Dorfes angekommen, verstecken sie sich hinter einem Busch voller welker Blätter und beobachten den Bauernhof.
Wilhelm: „Da sind gar keine Kühe. Kommt, wir drehen wieder um.“
Bruno: „Da müssen welche sein. Hörst du denn das Muhen nicht?“
Wilhelm: „Jetzt wo du’s sagst.“
„Schnell, Kopf runter!“, zischt Ferdinand von der Seite.
Ein großer Trecker fährt aus der Hofeinfahrt heraus und biegt auf die Straße. Vorsichtig lugt Ferdinand hinter dem Busch hervor. „Hoffentlich hat der Bauer uns nicht gesehen.“ Doch der Trecker wird immer kleiner. Die Luft scheint wieder rein zu sein.
Bruno: „Die Kühe sind bestimmt im Stall dahinten links. Da müssen wir hin.“
Bruno schleicht über die Straße, dicht gefolgt von Ferdinand. An der Hofeinfahrt angekommen, schauen sie sich um. Wilhelm steht noch immer hinterm Busch.
Bruno: „Wilhelm? Willst du nicht mit?“
Erschrocken schaut der hinterm Busch hervor. „Was? Oh ... ja ... ich komme schon.“
Gemächlich steht Wilhelm auf, kommt hinterm Busch hervor und setzt seinen rechten Vorderhuf auf die Straße – „Klack“. Der linke Vorderhuf – „Klack“.
„Hey, kannst du nicht leise sein? Du verrätst uns noch“, zischt Ferdinand von der anderen Straßenseite herüber.
Wilhelm zuckt schuldbewusst mit den Schultern und schüttelt den Kopf. Stattdessen überquert er im Eiltempo die Straße. „Klack – klack ... Klack – klack ...“
Bruno schiebt das Tor zum Stall einen Spalt weit auf und lugt hinein. Ein langer, breiter Gang führt zum anderen Ende. Links und rechts aufgetürmte Heuhaufen. Lauter Kuhköpfe, die durch Gitterstäbe gestreckt sind und mit ihrer langen Zunge vom Heu fressen. Ab und zu ein Muhen.
Bruno schaut hinter sich zu Ferdinand und Wilhelm, nickt ihnen zu, schiebt das Tor ein Stück weiter auf und geht rein. Ferdinand lässt sich das nicht zwei Mal sagen und hoppelt hinterher. Und Wilhelm? Der schaut sich das lieber von draußen an. Einer muss ja Schmiere stehen.
Die Kühe nehmen gar keine Notiz von Bruno und Ferdinand. Sie mampfen einfach ihr Heu weiter. Außer eine. Die steht fast am anderen Ende des Stalls und beobachtet jeden Schritt, den sie machen. Als die beiden vor ihr stehen, wendet sie sich jedoch wieder genüsslich ihrem Heu zu. Die zwei schauen sich mit gerunzelter Stirn und gekrauster Nase an.
Ferdinand: „Was soll denn das jetzt?“
Bruno probiert auf seine freundliche Art, die Aufmerksamkeit der Kuh zurückzugewinnen. „Hallo Kuh. Kannst du uns helfen?“
Doch sie mampft einfach weiter.
„Unser Freund dahinten“, Bruno deutet auf Wilhelm am Tor, „ sucht die bunte Kuh. Weißt du, wo wir sie finden?“
Ihr Blick bleibt gesenkt. „Aber natürlich.“
„Verrätst du uns dann auch, wo wir sie finden“, fragt Ferdinand ungeduldig.
Die Kuh kaut und kaut und kaut. Ferdinand klopft nervös mit seiner rechten Hinterpfote auf den Boden.
Kuh: „Hinter den sieben Bergen am Meer.“
Ferdinand: „Geht es auch etwas genauer? Das kann ja überall sein!“
„Nein“, antwortet die Kuh bestimmt und kaut weiter. Widerrede scheint zwecklos.
„Okay ... äh ... Danke.“ Bruno stupst seinen Freund an. „Komm, wir gehen.“